Stellungnahme zum anstehenden Verkauf unserer Fläche

Juli 2019: Die Fläche des Wagenplatzes Trailermoon in Leipzig Volkmarsdorf wird von der DB Immobilien öffentlich zum Verkauf ausgeschrieben – das bringt Schwung in die jahrelangen Gespräche um die Brache an der Schultze-Delitzsch-Straße – allerdings aus einer eher unerwarteten Richtung. Mit dieser Stellungnahme möchten wir als Platz darlegen, was unsere Postition dazu ist und was das auch für den Leipziger Osten bedeutet.

Schon seit vielen Jahren…
Im Mai konnten wir als Wagenplatz auf eine inzwischen fünfjährige Besetzungsgeschichte zurückblicken. Von Anfang an standen wir in Kontakt mit der Deutschen Bahn, haben immer wieder unsere Position verteidigt, sind aber auch Kompromisse eingegangen. So ist Trailermoon – in Absprache mit der DB – bereits zweimal innerhalb der Fläche umgezogen, damit es mit der Entsiegeglung und der Renaturierung der Brachfläche vorangehen konnte. Zusammen mit anderen Akteuren im Leipziger Osten gründeten wir 2016 “Ein Park im Osten”, ein Bündnis für einen selbstorganisierten Park, den alle Bewohner*innen des Viertels mitgestalten und -verwalten könnten. Wir signalisierten von Anfang an Verhandlungsbereitschaft mit der Stadt und versuchten auf verschiedenen Ebenen, auf Gehör zu stoßen. Mitte 2017 wurde ein Stadtratsbeschluss verabschiedet, der die Stadtverwaltung nochmals klar zum Ankauf der Brachfläche durch die Stadt aufforderte – inklusive einer einvernehmlichen Lösung mit den Wagenplätzen (Trailermoon und Rhizomia). Im Herbst 2018 wurde uns von Seiten der Bahn dann ein Mediationsprozess angeboten, weshalb seit Beginn des Jahres mehrere sogenannte Mediationsgespräche mit einem Vertreter der DB stattfanden.

Ganz plötzlich…
Im Juni wurde uns bei einem Mediationsgespräch angekündigt, die DB würde jetzt mehrere Teilflächen aus der Gesamtfläche herauslösen und einzeln verkaufen – unter anderem die unsrige.
Das wurde uns als bestmögliche Lösung dargestellt. An sich finden wir die Möglichkeit eines Kaufs auch nicht unbedingt eine schlechte Strategie, wenn Eigentum dann kollektiviert wird und damit Spekulation und Immobilienmarkt entzogen wird. Aber als uns klar wurde, dass dieser Plan schon seit mindestens April bestand, und die Ausschreibung schon eine Woche später mit einer einwöchigen Deadline online stand, fühlten wir uns erstmal ziemlich überrumpelt; zumal in der Stadt (bis auf eine Unterabteilung des Liegenschaftsamtes) und bei den anderen zivilgesellschaftlichen Akteuren niemand in Kenntnis gesetzt worden war. Vor dem Grundstücksverkehrsausschuss stellte nach unseren Informationen ein Vertreter des Liegenschaftsamts die Situation so dar, als seien die Mediationsgespräche gescheitert, und als würden – eines der typischen vereinfachenden Totschlag-Argumente – “die Wagenplätze” jeglichen Flächenankauf durch Behinderung der Altlastensanierung verhindern. Die DB hingegen versuchte sich als soziales Unternehmen zu inszenieren und versuchte uns zu beruhigen, es werde ja nicht unbedingt an den Meistbietenden verkauft, sondern an den Bestbietenden. Da fragen wir uns aber schon: Wie weit geht denn diese Kritik der reinen Marktlogik? Aktuell beläuft sich der Bodenrichtwertspreis auf 50 €/qm. Laut der Ausschreibung ist die Gewerbefläche aber – sofern eine Baugenehmigung eingeholt wird – bebaubar. Wie wahrscheinlich ist es da, dass wir tatsächlich dieBestbietenden sein können, und nach welchen Kriterien wird das dann entschieden? In den städtischen Beschlüssen war von Herauslösungen und Einzelverkäufen nie eine Rede, wie kann es sein, dass nun Teilstücke aus der Gesamtfläche herausgelöst werden, anscheinend mit Absegnung des Liegenschaftsamtes – und dann so gut wie niemand in der Stadtverwaltung davon weiß? Ob das jetzt kalkulierte Strategie um uns loszuwerden oder Fehler einzelner waren können wir auch nach Wochen von Nachforschungen nicht zweifelsfrei herausfinden, aber ganz klar ist: da hat jemand gewaltig was verbockt.

Unsere Befürchtungen sind nicht unbegründet…
Wo bleiben wir dann, wenn die Preise weit über den Bodenrichtwert hinausschnellen werden und wir als Wagenplatz, der auf kollektive Eigentumsstruktur setzt, da weder mithalten können noch wollen? Sicher ist: Wir bleiben unbequem. Denn wir sehen das nicht als isolierten Fall. Im
Leipziger Osten herrscht seit Jahren ein wahrer Spekulationsboom, Grundstückspreise und Mieten
schießen durch die Decke. Das hat zur Folge, dass sich viele Menschen nicht mehr leisten können, in Volkmarsdorf so zu wohnen, wie sie das möchten. Viele Nachbar*innen und befreundete Projekte sind von Aufwertung und Verdrängung negativ betroffen, so z.B. das selbstverwaltete Ladenkollektiv in der Eisenbahnstraße 109. Und auch ein Nachbarhaus in der Mariannenstraße, ebenfalls mit kollektiv organisierter Nutzung, wurde in diesem Jahr nicht etwa an die Hausprojektgruppe, sondern an Investoren verkauft, weil eben nur letztere in der Lage waren, das inzwischen Zehnfache des Kaufwerts des Hauses vor gut zehn Jahren zu zahlen. Wir sehen es im
Kiez: Die Bestbietenden sind eben schon die Meistbietenden.
Auf der Fläche zwischen Mariannenstraße und Schultze-Delitzsch-Straße wünschen wir und viele andere uns einen selbstorganisierten Park der Vielen an dem alle Bewohner*innen des Viertels mitwirken und dabei starke Verbindungen knüpfen können. Gemeinsam mit allen anderen
Betroffenen stellen wir uns gegen Immobilienspekulation, Entmietung und Zwangsräumung und arbeiten daran, unsere Lebensgrundlagen lieber in kollektive Strukturen zu überführen, die uns allen dienen – weniger dem Profit. Wir zählen dabei auf Sie und euch! Damit wir nicht bald auf der Straße stehen, sondern dem guten Leben für alle näher kommen!

Die Parks denen, die sie nutzen und die Plätze denen, die darauf wohnen!

PS: Wir reden auch gern mit euch am Samstag 14.09.2019 ab 15 Uhr an unserem Stand zum Fest am künftigen
Stadtteilpark Volkmarsdorf http://www.honoraryhotel.net/park-der-vielen.html